Geschichte

Renovierungsarbeiten auf Schloss Kewenig

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Entwicklungsgeschichte von Schloss Kewenig

Zur allgemeinen Erfassung der Geschichte von Schloss Kewenig bieten sich u.a. folgende Schriften an. Eine eigentliche Monographie zum Ort und seinen Bewohnern gibt es zurzeit nicht:
Ernest Wackenroder, Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Kreis Bitburg.Düsseldorf, 1927, S.125 ff.
Jean-Claude Loutsch, Armorial du Pays du Luxembourg.
Luxemburg, 1974, S.406 u. 744.
Jules Vannérus, Les familles seigneuriales de Bettendorf et de Kewenig.
In: Ons Hémecht, 1927-1933, S.78-125. (tiré à part)
(L.Richard), Généalogie des familles Richard de Clervaux, Bouvier de Clervaux, Faber de Hosingen, Servais de Wiltz et leurs alliances 1500-1924. o.Ort,Datum (Luxemburg,1924),88 S. +55S.

Chronologische Eckdaten:
1231: erste Erwähnung von „Chewingen“ im Zusammenhang mit einer Güterübertragung von Malberg an die Abtei Echternach.
Ende 15./Anf. 16.Jht: die Familie von Stein übernimmt das Gut Kewenich; Errichtung eines stattlichen Wohnturms, der im Mittelteil der heutigen Gebäude noch teilweise erhalten bleibt. Hierbei hat es sich wahrscheinlich mehr um eine repräsentative „maison forte“ als Sitz einer Grundherrschaft gehandelt als um eine regelrechte Burg. (siehe ähliche Anlage und Umbau von Schloss Schönfels am Anfang des 16. Jhts durch die Familie Schlöder von Laachen). Die Familie von Stein ist ein altes deutsches Adelsgeschlecht, das sich im Dunstkreis der Markgrafen von Baden in Luxemburg am Ende des 15.Jhts. ansiedelte. Wappen: „d`or à trois hameçons à loup de sable, posés en pal,l’un sur l’autre, les pointes en bas“
1732: die Hauskapelle von Schloss Kewenich wird als verfallen beschrieben
1762: Schlossansicht von Kewenich, nur als Bleistiftkopie von einer Stichvorlage erhalten, in Wackenroder abgebildet; Legende des Stichs: „vue du château de Kewenich, tiré en l’an 1762 dans la pièce venant de Niedersgegen appertenant sous jurisdiction à Ms. De Hagen“

1775: Peter Franz von Hagen, der die letzte Erbin der Familie von Stein geheiratet hat, trägt den Titel „seigneur de Kewenich“ (Arch.Lux.,not.Claudon,1775,n°17; 20.04.1775). Die Familie von Hagen (Wappen: une fasce surmontée d’un croissant montant“), die nicht mit der Familie „von Hagen zu Motten“ zu verwechseln ist, scheint recht unbedeutend gewesen zu sein. Nach Hagens Tod erbt die Familie d’Olimart von Bettendorf Kewenich.
1816: die Familie d’Olimart verkauft „Ein Castel in Ruinen“(=Kewenich) an Jean-Joseph Richard (siehe Anmerkungen zur Familie Richard)
1848: Adolf Richard stockt den Mittelteil von Schloss Kewenich auf und errichtet die zwei kurzen Schlossflügel. Die Gartenanlage geht auf diese Umbauphase zurück.
1880: M.G. August Flamm wird neuer Gutsbesitzer von Kewenich.
1891/1: Erweiterung des Schlosses nach Westen; Umgestaltung des Schlossinneren.

Genealogische Anmerkung zur Familie Richard:
Der erste Vertreter der Familie Richard in Niedersgegen/Kewenich, Jean-Joseph Richard (*27.2.1788 in Clervaux;+27.2.1872 in Niedersgegen), entstammt einer Familie von Amtsmännern und Gerbereibesitzern aus Clervaux.
Nach seinem Studium in Nancy wird er in die Armee Napoléons als „conscrit“ eingezogen, lässt sich aber „ersetzen“ (remplacé). 1813 wird er Bürgermeister in Clervaux. Er bleibt auch nach dem Ende des Empires „grand bourgmaître au dit chef lieu de canton“.
Am 28.3.1816 heiratet er Julie d’Ennershausen (*17.3.1793;+13.7.1843), Tochter von Laurent d’Ennershausen (1751-1811), Advokat am Conseil souverain und Richter in Diekirch, und Francoise de Baring, deren Vater Verwalter der Schlossgüter von Vianden war.

Durch diese Eheverbindung mit der Familie d’Ennershausen (auch noch Endreshausen im 18.Jht genannt) scheint sich die Wahl auf Niedersgegen als Wohnsitz aufgedrängt haben: die Familie hatte bereits 1729 die Herrschaft von Niedersgegen von F.E.A. de Heyden, Herr von Stolzemburg, erworben und kurz darauf, im Jahre 1739, einen Adelsbrief erhalten. Seit 1739 trug die Familie den Namen d’Endreshausen und den Titel „Herr von Niedersgegen und Falkenstein“.
1816 erwirbt Jean-Joseph Richard die Domäne von Niedersgegen, sowie Kewenich, von der Familie d’Olimart.
1822 gründet er ein Gerbereiunternehmen in Niedersgegen.
1828 lässt er das alte Schloss von Niedersgegen, mit Ausnahme der Schlosskapelle, abreißen und durch ein repräsentatives modernes Haus ersetzen.
Zu seinen politischen Tätigkeiten zählten das Bürgermeisteramt von Körperich, Cruchten und Wallendorf und ein Sitz als Mitglied im Provoncial-Landtag in Düsseldorf.

Der Ehe von Jean-Joseph Richard und Julie d’Ennershausen sind 7 Kinder entsprungen.
1.) Eugène Richard (*10.2.1817;+16.9.1880)
1840: Heirat mit seiner Kusine Caroline Boch (1817-1889); 3 Kinder
Er übernimmt das elterliche Gut in Niedersgegen.
2.) Joseph-Emmanuel-Théodore Richard (*21.7.1818;+23.6.1868)
1846: Heirat mit seiner Kusine Virginie Richard (1824-1851), 3 Kinder
Er errichtet ein stattliches Haus mit einer Parkanlage und Treibhäusern für exotische Pflanzen in Niedersgegen.
3.) Emmanuel-Hubert-Joseph Richard (*29.3.1820:+7.9.1865), ehelos
Er erwirbt einen Landsitz in Itzig und interessiert sich für Garten- und Landbau.
4.) Adelaide Richard (*11.9.1821;+1836)

5.) Francois-Joseph-Adolphe Richard (15.11.1822;+16.4.1867 auf Schloss Kewenich) 7.8.1848: Heirat mit seiner Kusine Charlotte Richard (*1825;+1882), 5 Kinder
Er restauriert und erweitert Schloss Kewenich im neugotischen Stil. Er umgibt die Gebäude mit einer Parkanlage.
6.) Mathilde Richard (*9.6.1824;+5.11.1866)
1847: Heirat mit ihrem entfernten Vetter Eugène Thilges (*1818;1873), 5 Kinder
Das Ehepaar Thilges-Richard errichtet sich ein stattliches Haus in Niedersgegen.
7.) Hyacinthe Richard (*22.2.1828;7.3.1884)
1849: Heirat mit Edouard Thilges (17.2.1817;+9.7.1904), 3 Kinder
Das Ehepaar wohnt in der Stadt Luxemburg (rue Philippe).
Edouard Thilges, ursprünglich als Advokat in Diekirch tätig (1841-1853), wird politisch aktiv (Präsident der Rechnungskammer, Generalprokurator, Staatsminister, 1870-1878, Präsident des Staatsrats, 1885-1888).
(s. Jules Mersch, Autobiographie du Ministre d’Etat Edouard Thilges, commentée et annotée par J.M.,in: Biographie Nationale du Pays de Luxembourg, 1954, fascicule VI, pp. 373-416)

Das biographische Umfeld der Besitzer von Schloss Kewenich (Adolphe Richard-Charlotte Richard) ist insofern von Bedeutung für die Typologie der Schlossdomäne, da sie mehrere Schlussfolgerungen erlaubt:
– Die Familie Richard, sowie die anverwandten Familien, entspringen einem Milieu von Amtsmännern aus der Zeit des Ancien Régime, und verfügen daher über ein beträchtliches Vermögen (Richard, Ennershausen, Bouvier, Servais, Heuardt…). Der Erwerb von Landgütern verleiht ihnen eine Position, die sie ebenbürtig mit der Aristokratie des Ancien Régime erscheinen lässt. Haus und Hof dieser Familien sind Ausdruck ihrer sozialen Stellung (Statussymbol) und verkörpern ein offensichtliches Prestigedenken.

-als wirtschaftliche Erwerbstätigkeiten fällt zudem auf, dass in der vorindustriellen Zeit (vor 1830/50) zahlreiche Mitglieder dieses Familienimperiums im Gerbereigewerbe (Richard, Bouvier, Faber, Thilges…), oder im Manufakturwesen (Boch, Lamort…) tätig sind. Daneben zählt das landwirtschaftliche Einkommen aus ihren nach modernsten Methoden geführten Betrieben zu einer wesentlichen Erwerbsquelle.

-Heiratsstrategien im Zeitalter der „Bourgeoise triomphante“ innerhalb einer durch enge Bande verknüpften Elite sind besonders augenfällig im Fall der Familie Richard. Diese Hausmacht wird zudem konsolidiert durch öffentliche Ämter in der Magistratur und in der Politik diesseits und jenseits der Mosel-Sauer-Ourgrenze.

-Trotz der nationalen Grenzen zwischen Luxemburg und „Deutschland“ seit 1815 ist der kulturelle Austausch zwischen Nachbarn besonders rege im 19. Jht. Die stilistische und typologische Einordnung von Schloss und Park Kewenich müsste demnach auf einem größeren Gebiet geortet werden.
Hierzu kann man u. a. wesensverwandte Güter zu Kewenich erwähnen:
z. B. Schloss Urspelt bei Clervaux: die Umgestaltung des Hofguts mit Ecktürmen und historisierendem Dekor datier aus der 2. Hälfte des 19. Jhts und wurde von J.B. Bouvier und seiner Frau Aline Richard (Enkelin von Jean-Joseph Richard aus Niedersgegen) ausgeführt.
z. B. Schloss Fellenberg in Merzig: der Schweizer Fabrikant Wilhelm Tell von Fellenberg (1798-1880) hat ein Schlösschen mit Erkern und einem Türmchen neben seiner 1856 gegründeten Tonwarenfabrik errichten lassen. Ein mit Schlängelwegen angelegter, nicht besonders weitläufiger Park vermittelt den Eindruck einer größeren Domäne. Fellenberg war verheiratet mit der Tochter einer Kusine von J.-Joseph Richard, Rosalie Boch-Buschmann (1807-1887).

Zahlreiche analoge Beispiele ließen sich noch hinzufügen. (z. B. Park von Schloss Erpeldingen/Lux., Park von Schloss Sanem/Lux.). Es handelt sich jeweils um schlossartige Herrensitze, die im Geist des Historismus zierhaft umgestaltet wurden. Die dazu angelegten Parkanlagen sind im damals üblichen Stil der Landschaftsgärten auf relativ kleinen geschickt an bestimmten Stellen hergestellt worden. Ansonsten sind die Außenkontouren dicht mit Baum- und Strauchgürteln angepflanzt worden, um die Begrenzungen zu verschleiern.
Nicht zuletzt dürften die im Zuge der Rheinromantik aufkommenden Rekonstruktionen von Schlossruinen (z. B. Stolzenfels, Sooneck..) Pate gestanden haben für die Restaurierung von Schloss Kewenich im Geist der Romantik.
Vielleicht war der junge, aus Vianden stammende Architekt Charles Arendt (1825-1910) beteiligt an der Umgestaltung von Kewenig, zumal er in dieser frühen Phase seines Schaffens eine weniger archäologische akkurate, als dekorativ gefällige Form im Umgang mit historischen Gebäuden pflegte (z.B. Bildchenkapelle in Vianden, 1848; Maison Dufaing in Walferdingen, 1852). Arendt zeichnete zudem auch ein Projekt für die Rekonstruktion von Falkenstein.